Zerschlagen – enteignet – verfolgt: Gemeinsames Gedenken am ehemaligen „Volksheim“ der Göttinger Arbeiter*innenbewegung, das vor neunzig Jahren von Nationalsozialisten zerschlagen und eingenommen wurde

Details

um Uhr

Ort

Gedenkstein am Gasometer (Maschmühlenweg, Göttingen) & Verfügungsgebäude Platz der Göttinger Sieben (Raum 1.103)

Veranstalter

DGB KV Göttingen & Kooperationsstelle Hochschulen und Gewerkschaften Göttingen

Der DGB Kreisverband Göttingen und seine Gewerkschaften veranstalten gemeinsam mit der SPD zum neunzigsten Jahrestag der Zerschlagung der Gewerkschaften und der Arbeiter*innenbewegung durch Nationalsozialisten am 2. Mai 2023 um 18 Uhr am Gedenkstein am Gasometer (Maschmühlenweg, Göttingen) eine Gedenkstunde mit Kranzniederlegung. Anschließend lädt der DGB in Zusammenarbeit mit der Kooperationsstelle Hochschule und Gewerkschaften um 19 Uhr im Verfügungsgebäude auf dem Campus Platz der Göttinger Sieben (Raum 1.103) zu der Diskussionsveranstaltung "2. Mai 1933 - Ursachen, Hintergründe & Folgen der Zerschlagung der Gewerkschaften und der Arbeiter*innenbeweung" mit Jo Bons ein.

Gäbe es einen Stadtführer für unbekannte Gedenkorte in Göttingen, wäre der Stein zur Erinnerung an das „Volksheim“ im Maschmühlenweg sicher aufgelistet. Nur noch wenige erinnern sich an die Bedeutung des blühenden gewerkschaftlichen Zentrums (neben dem Gasometer) in der Zeit zwischen den Weltkriegen.

Der DGB Kreisverband Göttingen und seine Gewerkschaften gedenken gemeinsam mit SPD Stadtverband am 2. Mai 2023 um 18 Uhr am Gedenkstein im Maschmühlenweg zum neunzigsten Jahrestag der Zerschlagung durch Nationalsozialisten. Mit dabei sind die Jugendverbände, die IG Metall Südniedersachsen-Harz und ver.di Ortsverband Göttingen. Anschließend lädt der DGB in Zusammenarbeit mit der Kooperationsstelle Hochschule und Gewerkschaften um 19 Uhr zum Vortrag- und Diskussionsabend in das Verfügungsgebäude auf dem Campus VG 1.103 ein. Referent ist Kollege Dr. Joachim Bons. Er hat die fast vergessene Geschichte der Arbeiter*innenbewegung in Göttingen mit Mitstreitenden aufgearbeitet. Jo Bons zeichnet nach und analysiert auf der Basis historischer Bilder,  Dokumente und Gespräche mit Zeitzeug*innen die Ursachen, Hintergründe und Folgen der Zerschlagung der Gewerkschaften und der Arbeiter*innenbewegung in Göttingen und insgesamt. Wir laden alle Kolleg*innen, jung und alt, Gewerkschafter*innen und Freund*innen ein, mit uns gemeinsam einen Blick auf die Geschichte zu werfen und für das HEUTE einzustehen.

Der 2. Mai 1933 zeigt eine traurige Wende der lebendigen Arbeiter*innenbewegung in Deutschland auf. Die ohnmächtigen Gewerkschaften hofften noch einen Tag zuvor, auch unter
nationalsozialistischer Herrschaft erhalten zu bleiben und riefen zum neu betitelten „Tag der deutschen Arbeit“ auf. Doch bereits am nächsten Tag rollte ein bundesweit organisierter Sturm auf die
Gewerkschaftshäuser durch SA-Einheiten zu. Es folgten Zerschlagung, Enteignung und Verfolgung freier Gewerkschaften und ihrer vielfältigen Arbeiter*innenkultur. In Göttingen lebte diese im „Volksheim“, einem Zentrum sozialdemokratischer, kommunistischer und gewerkschaftlicher Bewegung im Maschmühlenweg. Ganze zwölf Jahre ruhte die freie Gewerkschaftsbewegung in Deutschland. Beschäftigte wurden politisch wie sozial entmündigt. Die Deutsche Arbeitsfront, die an die Stelle der Gewerkschaften trat, hatte keinerlei gewerkschaftliche
Funktionen. Betriebsräte wurden abgeschafft, Streiks faktisch verboten. Entsprechend sank die Lohnquote. Erst aus den Trümmern des Nationalsozialismus konnte wieder, nach 1945, ein neuer Gewerkschaftsbund aufgebaut werden.

Es zeigte sich: Volksgemeinschaft und Gewerkschaften sind unvereinbar. Bis heute steht auf der Agenda rechter Parteien und Organisationen Versuche, betriebliche und gewerkschaftliche Strukturen zu unterwandern. Rechte Parteien befürworten Angriffe auf das Streikrecht, und stellen sich gleichzeitig als die Stimme der „ehrlichen kleinen Leute“ dar. Der Blick in die Geschichte zeigt: Das ist noch nie gut gegangen!